Mittwoch, 15. Juni 2011

"Dirkules" auf dem Basketball-Olymp*


Miami/USA, Sonntagabend am 12. Juni 2011, um 22:44 Uhr Ortszeit: "The Dallas Mavericks are NBA Champions", kommentiert Mike Breen vom US-Fernsehsender ABC. Die Kameras verfolgen einen blonden Basketballspieler mit blauem Trikot und der Nummer 41, der in den Katakomben der American Airlines Arena verschwindet. Dirk Nowitzki, der überragende Dallas-Star zieht sich in die Umkleidekabine zurück. Vor wenigen Sekunden gewannen seine Mavs mit 105:95 gegen die Miami Heat in Spiel 6 der Finalserie in der NBA und holten sich den alles entscheidenden vierten Sieg im Best-of-Seven Modus.

Im Moment seines größten Triumphs möchte Nowitzki für sich sein. Er kämpft mit den Tränen und will den emotionalen Moment allein genießen. In der Gästekabine steht er vermutlich vor dem Spiegel blickt sich in die Augen: "Unfassbar! We did it! Kann das wirklich wahr sein?! 13 Jahre NBA… so viel harte Arbeit… Endlich!".

Zur selben Zeit in Deutschland, Montagmorgen um 4:44 Uhr: "Jaaaaaaaaa!", "Halleluja Dirk!", die Einträge bei Facebook und Twitter laufen heiß. Dieser Tage transportieren Soziale Netzwerke die Meinungen der Menschen und können selbst Revolutionen anfeuern. An diesem 13. Juni 2011 bestimmen unter anderem die Schlagworte Nowitzki und NBA das weltweite Geschehen. Tausend hartgesottene Sportfans schlagen sich hierzulande die Nacht um die Ohren, um den Triumph des besten deutschen Basketballspielers im Fernsehen oder vor dem Laptop live zu verfolgen. Das US-Fernsehen schaltet kurz nach Würzburg. In der Heimatstadt Nowitzkis ist die Hölle los. 250 Menschen feiern beim Griechen: "Auswärtssieg!".

Fünf Minuten später kämpft sich “Dirkules“ zurück in die Arena, vorbei an Fans, Reportern und Kameramännern, bekommt das druckfrische Meisterschafts-Cap und T-Shirt zugesteckt und streift es sich über, gelangt zum Mavericks-Trainer Rick Carlisle und seinen Mitspielern. Das Händeschütteln und gegenseitige Beglückwünschen nimmt kein Ende. Auch Nowitzkis 65-jähriger Mentor und ehemaliger BRD-Nationalspieler Holger Geschwindner verfolgt das Spektakel mit Tränen in den Augen.

Es folgt die Übergabe der Meisterschafts-Trophäe an die Mannschaft aus Dallas. Nowitzki, die Bescheidenheit in Person, hält sich im Hintergrund zurück. Erst als er gerufen wird, tritt der deutsche 2,13-Meter-Riese nach vorn und nimmt die Auszeichnung als wertvollster Spieler (Most Valuable Player) der Finalserie entgegen, überreicht von Bill Russell, selbst einer der größten NBA-Legenden mit 11 Meisterschaftsringen dekoriert (Foto). Es wirkt wie eine Aufnahme auf den Basketball-Olymp, wo Heroen wie Magic Johnson, Larry Bird und Michael Jordan bereits freudig auf ihn warten.

Nach 1117 Spielen in der besten Basketball-Liga der Welt und 127 Länderspielen für Deutschland ist der 32-Jährige auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Mit der Meisterschaft und dem Finals-MVP von 2011, sowie dem MVP-Award der regulären Saison 2007 im Gepäck gilt er als der beste europäische Basketballspieler aller Zeiten.

Bereits 2006 standen sich die Mavericks und Heat im NBA-Finale gegenüber. Damals führte Dallas bereits mit 2:0 in der Serie, verlor jedoch die nächsten vier Spiele in Folge. Nowitzki und Co. mussten in eigener Halle mit ansehen, wie der Gegner den Titelgewinn feierte. Fünf Jahre später stehen sich beide Teams erneut gegenüber. Déjà-vu.

Von den damaligen Akteuren sind nur jeweils zwei auf beiden Seiten verblieben. In Miami vereinten sich im vergangenen Sommer mit Dwyane Wade, LeBron James und Chris Bosh gleich drei US-Spieler, die 2008 olympisches Gold gewonnen hatten. In Dallas versammelten sich um Dirk Nowitzki und Energiebündel Jason Terry alternde Stars wie Jason Kidd, viele abgeschobene Rollenspieler wie der 1,83 Meter große „Basketballzwerg“ J.J.Barea, Dreierkünstler Peja Stojakovic oder Defensivspezialist Tyson Chandler und einige No-Names wie Ian Mahinmi.

Letzten Endes siegte Dallas dank einer geschlossenen und uneigennützigen Teamleistung gegen "Die Großen Drei" aus Miami. Die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben. Obwohl dies alles klingt nach einer klassischen Sage, wie sie die alten Griechen nicht besser hätten erzählen können… Dirk Nowitzki, Du bist ein Basketballgott!



* Was für einen Unterschied 1,5 Monate machen. Am 24. April 2011 mussten die Mavericks noch eine bittere Pleite in Portland hinnehmen und gaben ein ziemlich klägliches Bild ab. Nach jeweils vier Siegen über die Portland Trailblazers, L.A.Lakers, OKC Thunder und (wie von mir erhofft) Miami Heat sind sie nun im siebten NBA-Himmel angelangt. Glückwunsch.

Keine Kommentare: