Donnerstag, 29. Oktober 2015

Die desolate Division: AFC South

Das Selbstverständnis der Colts ist ein anderes als ihre 3-4-Bilanz derzeit widerspiegelt. Foto: https://instagram.com/colts
Woche 8 in der NFL - Wir befinden uns kurz vor Saisonhalbzeit und was haben wir so weit gelernt? Fünf Teams sind noch immer ungeschlagen (New England, Cincinnati, Denver, Green Bay, Carolina), vermeintliche Favoriten wie Seattle finden nur schwer in die Saison, Dallas demontiert sich durch die Verletzungen von Tony Romo und Dez Bryant bereits im September/Oktober selbst, Kicker verfehlen häufiger ihre Extrapunktversuche (2015: 27 PAT Fehlschüsse, 94,7 Prozent Trefferquote vs 2014: 7 Fehlschüsse, 99,3 Prozent Trefferquote), Chris Johnson ist in Phoenix scheinbar in einen Jungbrunnen gefallen und Tom Brady spielt wie ein "Man-on-a-Mission".

In jeder Division gibt es eindeutige Frontrunner auf die Playoffs und den Titel, nur in der AFC South scheint etwas faul. Klar, die Indianapolis Colts stehen erwartungsgemäß an der Tabellenspitze, doch mit einer 3-4-Bilanz werden sie aktuell ihrer Favoritenrolle weiß Gott nicht gerecht.  Die drei bisherigen Siege wurden allesamt gegen die Divisiongegner eingefahren: Houston (2-5), Jacksonville (2-5), Tennessee (1-5) - nicht gerade die Creme de la Creme der diesjährigen NFL Saison. Demnächst auf dem Spielplan der Colts stehen die noch ungeschlagenen jeweiligen Division-Leader Panthers und Broncos.

Es würde mich nicht wundern, falls sich Indy danach mit einer 3-6 Bilanz in die Bye Week verabschiedet. Für die Playoffs könnte das immer noch reichen. Im vergangenen Jahr sicherten sich die Carolina Panthers als NFC South Champion mit 7-9 einen Playoff-Spot. Reicht in diesem Jahr erneut eine Negativbilanz, um es in die Postseason zu schaffen? Scheinbar ja.

Wer soll den Colts in der eigenen Division gefährlich werden? Houston verlor in Woche 7 seinen erst wiedergenesenen RB Arian Foster nach einem Achillessehnenriss für den Rest der Saison. Ryan Mallett katapultierte sich selbst vom Quarterback-Karussell nachdem er den Teamflug nach Miami verpasste. Bereits in der Preseason hatte Mallett eine Trainingseinheit verschlafen. Diesmal zog Texans Head Coach Bill O'Brien die Notbremse und trennte sich von seinem Backup-Quarterback. Starter Brian Hoyer hatte bisher nicht wirklich überzeugt, zumindest hat er nun den Rücken frei. J.J. Watt kann einem nur Leid tun um dieses bereits verlorene Jahr. Der beste Defensivakteur der Liga und seine Mitstreiter hatten sich allerdings auch noch nicht mit sonderlich Ruhm bekleckert. Gegen Atlanta und Miami blamierte man sich mit mehr als 0:40 Punkten Rückstand, bevor die ersten Texans Punkte auf das Scoreboard wanderten. 13 Sacks, 5 Interceptions und 1 Defensive Touchdown lautet die magere Ausbeute aus den ersten 7 Saisonspielen. Das ist lediglich unteres Mittelfeld in der NFL.

Bei Division-Nachbar Jacksonville mauserte sich Blake Bortles in dieser Saison zu einem relevanten Fantasy Football Quarterback und mittlerweile gewinnt er auch Spiele für sein Team. Am vergangenen Sonntag waren die Jaguars in London nach einer 27:3-Führung fast eingebrochen gegen die Buffalo Bills, kassierten 28 Gegenpunkte am Stück, nur um 2 Minuten vor Schluss durch einen 31 Yard Bortles-Pass auf Allen Hurns den zweiten Saisonsieg einzufahren. 2014 krallten sich die Raubkatzen einen Sieg mehr. Das dürfte dieses Jahr doch zu toppen sein. Auch wenn die Defense mit im Schnitt 29,6 erlaubten Gegenpunkten als Schießbude der Liga fungiert. Der Großteil der Jax-Spieler ist 23-24 Jahre jung, sie sind lernfähig und die Zukunft kann nur besser werden.

Tennessee hingegen ist ein Fall für sich. Seit 2011 konnten sie keinen Winning Record mehr verbuchen. Die letzte Playoff-Teilnahme datiert aus der Saison 2008, als noch Jeff Fisher die Zügel der Titans in den Händen hielt, QB Kerry Collins die Offense bediente und "Thunder & Lightning" LenDale White und Chris Johnson die Gegner überrannten. Seitdem befindet sich die Franchise aus Nashville auf Identitätssuche. Bleibt abzuwarten, ob sie mit Rookie-Quarterback Marcus Mariota und Head Coach Ken Wisenhunt das Ruder in den nächsten Jahren herumreißen können. Nach dieser Saison werden sie wohl erneut beste Chancen auf einen Top 3 Pick im Draft haben.

Solang innerhalb der AFC South die Offense der Colts mehr Punkte erzielt, als die eigene Verteidigung zulässt und noch 1-2 Siege gegen Gegner außerhalb der Division eingefahren werden, dürfte Indianapolis das Playoff-Ticket lösen. Aber von einer weiteren 11-Siege-Saison können sich die Colts bereits verabschieden. Es sei denn Andrew Luck nimmt sich ein Beispiel an Comeback-Kid Tom Brady und beweist mir das Gegenteil.

Dieser Artikel erschien am 29.10.2015 sowie alle weiteren meiner Indianapolis Colts Artikel auf www.football-aktuell.de 

Feedback gern via Twitter @bjoernhesse

Samstag, 17. Oktober 2015

"Schon immer gern über Football geredet"

Roman Motzkus will helfen, neue Football-Fans zu begeistern (Foto: ProSieben MAXX / Stefan Hobmaier
Für den HUDDLE hatte ich im Vorfeld der NFL-Übertragungen auf Sat.1 und ProSieben MAXX Roman Motzkus, meinen Vorgänger als Adler Stadionsprecher und einen der neuen ran Football-Experten, getroffen. Roman Motzkus und Patrick Esume, den meisten deutschen Football Fans bestens bekannt, sitzen nun Jan Stecker und Frank Buschmann zur Seite.

Motzkus spielte von 1989 bis 1997 als Wide Receiver für die Berlin Adler und Football Nationalmannschaft und hält bei den Adlern den All-Time-Scoring-Rekord mit 102 Touchdowns. Nach seiner aktiven Zeit fungierte der 46-Jährige Berliner bis 1999 als PR-Director bei Berlin Thunder und später als Stadionsprecher der Adler und beim German Bowl.

HUDDLE: Beim Super Bowl sitzen in Deutschland zu nächtlicher Stunde mittlerweile mehr als 1 Million Zuschauer vor dem TV. Zum Start der neuen NFL Saison schalteten unter der Woche bis zu 250.000 Zuschauern in Sat.1 beim Eröffnungsspiel New England Patriots gegen die Pittsburgh Steelers ein und zur ersten Footballübertragung auf ProSieben MAXX schauten 190.000 Zuschauer am Sonntagabend zu - gute Einschaltquoten für die jeweiligen Sender. Wie zufrieden wart ihr mit dem Zuschauerzuspruch der ersten beiden Sendungen?

Motzkus: Sehr zufrieden. Man muss mal sehen, welche Uhrzeiten da gerade aktuell sind. Nachts von um 2 bis um 6 Uhr sind natürlich nicht mehr allzu viele Leute wach, die das anschauen können. Da sind 250.000 Zuschauer schon sehr gut. Am Sonntagabend gegen den Tatort anzutreten und danach noch eine Quote von 4,5% zu haben, das ist deutlich oberhalb des ProSieben MAXX Senderschnittes. Das sind schon sehr, sehr gute Zahlen.

HUDDLE: Im Vorfeld der neuen Saison hatte ProSiebenSat.1 ein großes Moderatoren-Casting ausgerufen. Letztlich hatten sich Patrick Esume (41), Uwe Morawe (49) und Du durchgesetzt. Wie lief Dein Casting ab?

Motzkus: Ich wurde von der ran-Redaktion direkt angesprochen. Ich hatte auch eine Zeit lang überlegt, mich selber zu bewerben, hatte es dann aber nicht gemacht - Ich bin nicht so gut in gestellten Situationen, für mich sind die Live-Situationen am besten. Ich bin dann nach München eingeladen worden, das war super. Wir sollten die letzten zwei Minuten des 2013er Super Bowl Ravens gegen 49ers übertragen, da gab es ein bis zwei kniffelige Situationen. Ich hatte gemerkt, die ersten 1-2 Minuten waren nicht so toll, da musste ich meinen Rost ein bisschen abschütteln, aber dann durfte ich mit Frank Buschmann zusammen das Spiel zu Ende kommentieren und ich war dann wieder so im Flow gewesen, hab die Sachen rüber bringen können, das Buschi mir gleich im Anschluss auf die Schulter geklopft hatte und sagte „Junge, hast du gut gemacht!“. Dann kam auch schnell die Resonanz aus der Chefredaktion, dass ich einer bin, den sie gern dabei hätten. Innerhalb von zwei Tagen wurden die Formalitäten geregelt und ich war dabei.

HUDDLE: Ist das für Dich so etwas wie ein Kindheitstraum, der in Erfüllung geht?

Motzkus: Nicht ganz Kindheitstraum, denn ich hatte ja schon so etwas Ähnliches machen dürfen. Das ist jetzt für mich eine Riesenherausforderung und eine Riesenmotivation. Ich hab schon immer gern über Football geredet und jetzt darf ich es sogar noch öffentlich machen und den Leuten erklären, was die Faszination Football ausmacht. Das ist für mich eine große Ehre.

HUDDLE: Aber auch eine schwere Aufgabe. Bei US Sportübertragungen in Deutschland kann man es nie allen recht machen…

Motzkus: Die größte Herausforderung hier ist den Spagat zu schaffen zwischen den Experten, also die Zuschauer, die schon seit Jahren Fans sind und alles wissen worum es beim Football geht - und den Leuten, die das erste Mal ein Footballspiel sehen. Das wird eine Riesenaufgabe sein. Ich glaube aber, dass wir das ganz gut hinkriegen können. Die Fachbegriffe einstreuen, dann die Erklärungen dazu zu bringen. Wir werden kein „Football für Dummies“ machen, sondern eine Footballübertragung. Das ist toll, weil man da die Faszination des Sports rüberbringen kann, was geht da ab, wieviel Taktik ist dahinter, wieviel Kraft, wieviel Eleganz teilweise und wieviel Brutalität dann auch ab und zu. Das muss man alles herüber bringen.

HUDDLE: Dein großer Vorteil, Du kannst das alles aus Deiner aktiven Zeit auf dem Feld überzeugend erläutern.

Motzkus: Allerdings. Ich weiß aus eigener Erfahrung, das tut auf dem Feld manchmal ganz schön weh. Das Jubeln ist aber auch der schönste Teil an dem Sport, wenn etwas funktioniert hat, wenn man in der Endzone einen Ball gefangen hat. Das herüberzubringen und das Feeling, warum etwas in einer bestimmten Situation nicht funktioniert hat, oder was super geklappt hat, welcher Block vom Offense Liner da entscheidend war, das sehen viele Leute nicht.

HUDDLE: Wie sieht Deine Vorbereitung auf eine Live-Sendung aus?

Motzkus: Man liest eine ganze Menge: Die Team Releases der einzelnen Mannschaften sind oftmals 50-200 Seiten stark, dazu Artikel auf NFL.com oder den Team Websiten. Da kommt immer ganz viel zusammen und man muss erst einmal die Informationen herausfiltern, die man herüberbringen kann und will. Das ist eine ganze Menge abzuspeichern. Man muss sich auch die Key Player herausziehen und über die etwas wissen. Es gibt so viele Statistiken, da muss man sehen, dass man die Sinnvollsten heraussucht.

Das vollständige Interview lest ihr im aktuellen HUDDLE 09-2015.

TV-Tipp: An diesem Sonntag (18.10.) gibt es ab 18:55 Uhr das Duo Buschmann-Motzkus auf die Ohren beim Matchup Buffalo Bills gegen Cincinnati Bengals live auf ProSieben MAXX.

Feedback gern per Twitter an @bjoernhesse